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Als Optisch ansprechend gelten Oldtimer,
weiche klare Linien, verbunden mit Erinnerungen
und Erwartungen. Oldtimer zwingen den Betrachter
zum stehenbleiben und verweilen.
2008

Wann gilt ein Motorrad als ausgewogen?
Viele Motorräder eignen sich gut für einen Einsatzzweck. z.B eine Rennmaschine zum schnell fahren, aber wenn es um den Komfort für Fahrer und Sozius geht sind Rennmaschinen nicht die erste Wahl. Eine Enduro bietet auf schlechten Fahrbahnbelag Komfort, in der Frage nach der ästhetischen Erscheinung stehen Enduros wiederum selten hoch im Kurs. Als optisch ansprechend gelten Oldtimer, weiche klare Linien, verbunden mit Erinnerungen und Erwartungen. Oldtimer zwingen den Betrachter zum stehen bleiben und verweilen. Als die zuverlässigsten auf der Straße gelten diese jedoch nicht.
Ein ausgewogenes Motorrad ist also eine Maschine die in jedem Gebiet Punktet, aber nirgends hervorsticht. Die alles kann, nichts jedoch perfekt.
Rund 300 Motorbetriebene Zweiräder besaß ich bisher. Die Neugierde nach dem anderen und die Faszination über jede Eigenheit trieb mich stets voran. Einige enttäuschten, viele befriedigten, aber nur wenige brannten sich nachhaltig ins Gedächtnis. Die R50 von BMW ist eine davon. Gebaut von 1955 bis 1969, ist sie ein Modell das das deutsche Straßenbild der Motorradtoten Zeit vor dem Film Easyrider prägte. Ein Genuss und Arbeitspferd für Enthusiasten die den Traum vom Motorradfahren selbst in dieser Zeit nicht aufgeben wollten. BMW machte da einen guten Job, auch wenn die Einnahmen andere Firmenentscheidungen rechtfertigen hätten können.
Beim Motorradfahren möchte ich möglichst viele Sinne angesprochen haben. Mir ist wichtig nicht von der Außenwelt entkoppelt zu sein. Ungefiltert, direkt der Umwelt ausgeliefert mit all den Vor-und Nachteilen von Kälte, Wärme, Nässe, Wind und Fahrbahnoberfläche. Umso älter das Motorrad umso ungefilterter der Fahreindruck. Kein ABS, keine Heizgriffe, keine Öldruckkontrolleuchte, keine Kraftstoffstandsanzeige, kein modernes Fahrwerk und unzeitgemäße Bremsen. Ab ein gewisses Baujahr leidet jedoch die Alltagstauglichkeit.
Motorräder ab den 70er Jahren kann man als alltagstauglich bezeichnen, zumindest wenn sie den Auslieferungszustand entsprechen. Manche Hersteller erreichten diese Qualität auch schon in den 50er Jahren. Wer Sinn für die Mechanik und Technik mitbringt kann auch so manches 30er Jahre Motorrad zuverlässig durch den Alltag bugsieren. Vielen dürfte dann aber die Leistung nicht ausreichen, aber auch da gibt es Ausnahmen, welche aber meist zu teuer sind um sie als ausgewogenes Alltagsmotorrad zu verwenden. Kaum einer wird den Barbesuch genießen können während draußen 40000.-€ zwischen zahllosen feierwütigen Samstag Abend Partygänger parken.
Komfort, Zuverlässigkeit, alltagstauglich, optisch ansprechend, bezahlbar und direktes Fahrempfinden muss das ausgewogene Motorrad für mich leisten.
Eine Sr500 kommt einem täglich nutzbaren Idealmotorrad schon sehr nahe. An Eleganz und Grazie mangelt es ihr jedoch, das Auge ist mit, Appetit regt man anders an. Charakter und Seele, ja das hat sie, ein weiterer wichtiger Punkt für eine tief gehende Freundschaft zwischen Mensch und Maschine. Eine BMW G/S hätte das Potential um mit ihr einen langen Weg gemeinsam zu gehen, doch ist diese eher ein technischer Leckerbissen als optischer Augenschmeichler. Zu zahlreich sind noch die Visuellen Formen der 50er Jahre auf den Straßen zu sehen als das die 80er als Design Ikonen angesehen werden könnten. Auch dies wird sich ändern, noch ist die Zeit aber nicht reif dafür. Heutzutage schwärmt man vom Flügeltürer 300SL anstatt vom Z1.

Moto Guzzi V7, 60er, 70er Jahre, klassische Optik, zuverlässig, reisetauglich, direktes Empfinden, bezahlbar. Alltagstauglichkeit setzt aber auch voraus, dass man sich mit ihr fünf mal die Woche durch den Feierabendverkehr schneiden muss und da ist die V7 nicht das Optimum, wenn auch möglich. Sie ist eher was für die Landstraße als für das Lane splitting im Berliner Großstadtdschungel. Triumphs der 50er, 60er Jahre - viele Punkte erfüllen diese, in vielen Punkten schneiden sie jedoch nicht besonders gut ab. Harleys ebenso. Zweifelsohne wundervolle Motorräder, doch die emotionsreichen Motoren fordern Mensch und Maschine und nicht immer hat man Lust und Laune dazu, vor allem nicht wenn man nur schnell von A nach B kommen möchte.
Die R50 ist ein Motorrad das wenige zu solchen leidenschaftlichen Hymnen und Identifikation mit der Maschine veranlasst wie die zuvor genannten, genauso wie es Ausgewogenheit nie Vermag, genau das ist die Voraussetzung für ein Motorrad das alles kann nichts aber perfekt. Und das ist die Stärke der R50, sie taugt zum reisen, zum genießen, zum Alltag und für das Auge. Das ganze mit einen unvergleichbar erhabenen Fahrwerk, durch das das „Friedrichshainer Kopfsteinplaster“ jeglichen Schrecken verliert. Senfte auf Rädern! Dabei ein meditativ ruhiger Motorlauf der selbst den stressigsten Arbeitstag nach kurzer Fahrt vergessen lässt. Und spätestens beim zweiten Kick erwacht dieser zum Leben, eigentlich beim ersten, sofern man alles richtig macht, egal ob Sommer oder Winter. Die Duplexbremse im Vorderrad macht genau das was der Fahrer ihr sagt, egal ob regennasse Fahrbahn oder trockene Sommerglätte. Die Verantwortung trägt der Fahrer, ungeteilt. Fünf Liter  auf 100 Kilometer lassen weite Reisen bezahlbar machen. Und Werkzeug findet im Tank platz, brauchen wird man es aber kaum. Einen Ersatz Bowdenzug für Bremse und Kupplung macht da schon eher Sinn. Zwei Dinge trüben den uneingeschränkten Fahrspaß. Alles hat einen Pferdefuß. Mit den lässt es sich aber Leben, wenn man dies nicht zum Vorteil zu nutzen vermag. 26 PS lassen keine Ampelsprints zu, laden aber ein die Umwelt bewusster wahrzunehmen. Der andere Pferdefuß ist die geknickte Beinhaltung für Fahrer über 1,80 Meter. Die Zylinder des Boxermotors benötigen Platz, die Fußrasten müssen weichen. Auf längeren Touren führt dies zu Haltungsbeschwerden, 200 km sind aber problemlos möglich, danach ist eine einstündige Pause angesagt, und es kann weitergehen. Die 500ccm lassen die R50 nicht zu einen Ungetüm auf zwei Rädern werden, wendig ist sie alle mal, Großstadtverkehr kein Problem. Wer sich mit ihr an Ampeln vormogelt sollte starke Nerven haben, es geht, setzt aber Reaktionsschnelligkeit und das Wissen um ihre Möglichkeiten vor raus. Ölundichtigkeiten sind bei ihr kein Thema, sofern die Dichtflächen noch alle ok sind. Und der Kardanantrieb lässt die Kleidung fettfrei.
Als Traummotorrad würde ich die R50 nicht bezeichnen. Traummotorräder haben etwas unerreichbares. Die R50 ist erreichbar. Ab 10.000 Euro finden sich gute Exemplare, leider aber auch Blender. Wer eine gute kauft, bekommt sein Geld wieder wenn er sie verkauft.
Diese BMW ist definitiv ein Motorrad das auf einen Qualitativ hohen Stand für seine Zeit gefertigt wurde.
Ich baue gerne Motorräder um. Bei der R50 sehe ich dazu keinen Anlass, sie ist gut so wie sie ist. Jeglicher Umbau würde sie nicht besser machen, nur geeigneter um sie in das eine oder andere Extrem zu kippen, auf Kosten ihrer durchdachten Allroundfähigkeit.
12 Volt Lima, ok das macht Sinn, alles andere nicht wirklich.
Zu verkaufen ist sie nicht, Ich liebe dieses Motorrad!